· „Jeder ist anders anders“ – wir auf dem Weg zur Inklusiven Schule
- Integration eines Schülers mit DOWN-Syndrom
- Andreas als Asperger Autist an der Hauptschule
- Integration eines zweiten Schülers mit Asperger Autismus
- Integration von Kindern mit chronischen Krankheiten
„Jeder ist anders anders“ – wir auf dem Weg zur
Inklusiven Schule
Dass Menschen verschieden sind, wird jeder bestätigen. – Und dieses Anderssein erleben wir im beruflichen Alltag, in der Freizeit, in der Familie und eben auch in der Schule. Für eine demokratische Gesellschaft ist es unerlässlich, diese Verschiedenheiten zuzulassen und auszuhalten. Dieser respektvolle Umgang mit Unterschieden bei Menschen geschieht nicht automatisch, sondern muss gelernt werden.
Lernen kann man diese Achtung des Anderssein, dieses sich Einlassen auf Besonderheiten und Andersartigkeiten nicht in der Theorie, sondern nur in der Praxis. Die Schule schafft dazu Raum. Hier ist Begegnung möglich, Kinder haben noch keine Berührungsängste, haben noch wenig Vorurteile.
Im Umgang und in der Begegnung mit Kindern mit Behinderung lernen alle Beteiligten.
Wir sind seit nunmehr über acht Jahren eine der Schulen in Bayern, die in Einzelintegration auch Schüler mit Behinderungen an der Regelschule unterrichten.
Wir versuchen das, weil wir der Meinung sind, dass
- auch diese Kinder dort beschult werden sollten, wo sie daheim sind.
- es wichtig ist, dass diese Kinder sozial in ihrer Heimatgemeinde integriert werden.
- die Kinder ohne Behinderungen von diesem Zusammenleben viel an sozialer Rücksichtnahme, viel an persönlichem Verständnis dazulernen.
- es wichtig ist, dass die Eltern von Kindern mit Behinderungen nicht mühsam nach einer Schule suchen und bei diesen um Aufnahme betteln müssen, sondern sich darauf verlassen können, dass eine Beschulung vor Ort zumindest überlegt wird.
- es einer Schulgemeinschaft insgesamt gut tut, wenn Verschiedenheit erfahren, erlebt und auch ausgehalten wird.
Die derzeitige öffentliche Diskussion um die Inklusive Schule bestätigt uns in unserer Auffassung und macht uns Mut auf unserem Weg weiterzugehen.
Mit unseren Einzelintegrationen haben wir Neuland betreten. Wir haben uns mutig herangetastet, aus Anfangsfehlern gelernt und aus den positiven Erfahrungen Kraft und Motivation zum Weitermachen geschöpft.
Inklusion ist bei uns nicht ein kurzlebiges Schlagwort, sondern ein Teil unseres schulischen Selbstverständnisses.
Integration eines Schülers mit DOWN-Syndrom
Vor nunmehr sieben Jahren haben wir erstmals ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf (DOWN -Syndrom) in die erste Klasse unserer Grundschule aufgenommen. Zusammen mit Kindergarten, Eltern, Klassleiter und Schulleitung wurde ein Konzept erstellt, auf dessen Grundlage eine Beschulung erfolgt.
Zunächst war Lukas alleine bei uns. Seit Mitte der 3. Klasse unterstützt ihn eine Integrationshelferin.
Lukas an der Mittelschule – aus der Sicht seiner Lehrerin
Im September 2008 kam Lukas zusammen mit seiner Schulbegleiterin zu mir an die Hauptschule in die Klasse 5. Neugierig, gespannt und mit leichtem Bauchkribbeln übernahm ich die Klasse. Ich hatte zuvor noch nie mit einem behinderten Kind gearbeitet. Wie würde die Klasse Lukas aufnehmen? Aus den drei Klassen war eine sehr große Klasse geworden. Nur eine Klasse hatte Lukas in der Grundschulzeit erlebt.
Zurückblickend kann ich jetzt sagen, dass es für mich eine sehr anstrengende, aber auch unheimlich bereichernde Zeit war. Lukas gewöhnte sich an seine neue Umgebung, an seine neue Lehrkraft. Die Klasse nahm ihn unterschiedlich auf. Etliche konnten nur schwer etwas mit ihm „anfangen“, wussten nicht recht, wie und was er kann oder nicht kann.
Hier machten wir als Schule den Fehler, die Schüler und die Eltern dieser Klasse, die Lukas bisher noch nicht erlebt hatten, nicht ausführlich genug über Lukas zu informieren und mit beiden über die Stärken, Probleme und Schwierigkeiten zu sprechen. Schnell wurde Lukas zum Sündenbock, wenn etwas in der Klasse nicht zu klappte, wie es sich der einzelne wünschte.
Nachdem sich die Klasse in der sechsten verkleinert hatte, starteten wir einen neuen Versuch, Lukas verstärkt in den Unterricht und in den Klassenverband zu integrieren. Durch gezielte Einführung der Gruppenarbeit, in der Lukas immer auch eine Aufgabe übertragen wurde, gelang dies teilweise.
Eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit dabei ist, dass der Wissensstand, aber auch die emotionale Entwicklung der Schüler und der von Lukas in einigen Fächern immer weiter auseinander ging.
Andreas als Asperger Autist an der Hauptschule – Ein Erfolgsmodell
Andreas kam in der 6. Klasse zu uns, galt als unbeschulbar und man suchte im Schulamt krampfhaft nach einem Beschulungsort. Wir wagten das Experiment!
Wie aber mit einem Kind umgehen, das nicht kommuniziert, das nicht spricht nur gelegentlich bellt?
Geduld war gefragt und zaghafte Verständigungsmöglichkeiten als Fortschritt gefeiert. Erst als Andreas in der Schülerfirma aktiv werden konnte und seine Sonderbegabung Informatik gefragt war, änderte sich das Blatt rasch.
Nach seiner Schulzeit hier bei uns beschäftigten wir ihn noch als für die Wartung unserer über 100 PCs unersetzlichen Praktikanten. Schließlich konnten wir ihn sogar im ersten Arbeitsmarkt unterbringen.
Aus dem „stummen Sechstklässer“ ist ein anerkannter EDV-Fachmann im Landratsamt Roth geworden.
Inklusion ist nicht immer eine solche Erfolgsgeschichte. Nur, wenn man sie nicht versucht, kann es garantiert nie eine werden!
Integration eines zweiten Schülers mit Asperger Autismus
Der Schüler Benni kam im September 2007 in die 2a der Grundschule Thalmässing. Hinter ihm lagen viele erfolglose Versuche, sich an anderen Schulen zurechtzufinden. Vom ersten Tag an versuchten wir gemeinsam, Benni einen möglichst unbeschwerten Zugang zu dem Bereich Schule zu ermöglichen. Benni wurde in keiner Phase unter Druck gesetzt und konnte die Gestaltung der Kontaktaufnahme mit dem Bereich Schule und den dazugehörigen Personen auf seine Art und Weise je nach seinem Befinden steuern.
In der Grundschule wurden mühsam Fortschritte erzielt. Höhepunkt war sicher die Teilnahe Bennis am Schullandheimaufenthalt. Doch dann gab es aus verschiedenen Gründen – einige sind sicher auch außerhalb zu suchen – deutliche Rückschritte.
Seit diesem Schuljahr besucht Benni die 5. Klasse der Mittelschule. Derzeit betritt er wieder nicht mehr das Klassenzimmer, so dass eine Beschulung nur äußerst lückenhaft und für uns derzeit unbefriedigend stattfindet.
Die Erfahrungen mit ihm bei den Teamtagen der 5. Klasse lassen aber Hoffnung aufkommen.
Ob eine Videoübertragung des Unterrichts die für Asperger notwendige mentale Verbindung zum Unterricht sicherstellen kann, wird sich nach deren Installation zeigen.
Integration von Kindern mit chronischen Krankheiten
Bei der Beschulung von Kindern mit schwerwiegenden chronischen Krankheiten ist es uns ein Anliegen, dass diese Kinder den Schulalltag als möglichst normal erleben können.
Die Krankheit kann so – bei aller Fürsorge – auch in den Hintergrund treten. Dies gelingt dann, wenn Mitschüler, Lehrer und Eltern einerseits bestimmte Sonderregelungen wie selbstverständlich gelten lassen und trotzdem kranke Kinder in gleichem Maße individuell fordern und fördern.
So verbrachte ein Zwillingspaar mit Mukoviszidose seine Grundschulzeit an unserer Schule.
Inzwischen ist der Bub aufs Gymnasium gewechselt. Das Mädchen besucht die 7. Klasse. Sie ist so gut integriert, dass sie zu einer der Schülersprecher gewählt worden ist.